Wir reden ständig darüber, warum AI-Einführungen scheitern. Ich glaube: Das ist die falsche Frage.
Wenn ich in Unternehmen hineinschaue, sehe ich immer wieder dasselbe Bild:
- Daten liegen in 7 Systemen, 12 Excel-Listen und 43 SharePoint-Ordnern.
- Das „final-final-FINALE_v7b_NEU.docx“ ist nicht die Version, mit der gearbeitet werden sollte.
- 90 % der Unternehmensinformationen stecken in E-Mails, PDFs, Präsentationen, Verträgen – unstrukturiert, widersprüchlich, oft veraltet.
- Es gibt kein klares „Single Source of Truth“, sondern gut gemeinte Ordnerstrukturen.
- Teams starten Piloten, aber ohne Business Case, ohne klare Metriken, ohne echten Owner.
- Governance? Meist reaktiv: „Das klären wir später mit Legal & IT.“
Kein Wunder, dass Studien von 60–80 % gescheiterten AI-/Analytics-Projekten sprechen – oft nicht wegen der Modelle, sondern wegen Daten, Governance und fehlender Verankerung im Geschäft.
Und parallel passiert intern Folgendes:
- Mitarbeitende sind genervt von der nächsten „Transformation“ und haben Angst vor Jobverlust durch KI. Ulrike _ Mitarbeiter eines mittelständischen Unternehmens im B2B-Sektor in Deutschland – Agility – Conflue.pdf
- Mittleres Management fühlt Kontrollverlust: oben wird „AI & Agilität“ gefordert, gemessen wird aber weiter nach alten KPIs. Peter _ Mittlerer Manager eines mittelständischen Unternehmens im B2B-Sektor in Deutschland – Agility – Co.pdf
- Die Geschäftsführung sieht steigenden Kostendruck, viel KI-Gerede – und wenig harte Wirkung. Kurt _ Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens im B2B-Sektor in Deutschland – Agility – C.pdf
Also zurück zur Ausgangsfrage: Ist „Warum scheitern unsere AI-Projekte?“ die richtige Frage?
Nein. Die wirklich gefährliche Frage ist: Wie lange können wir uns Datenchaos leisten, wenn unsere Wettbewerber ihre Prozesse vollautomatisieren – in besserer Qualität, mit höherer Geschwindigkeit, zu geringeren Kosten?
Wer in drei Jahren nicht gegen voll- oder weitgehend automatisierte Wettbewerber verlieren will, braucht jetzt keinen weiteren Pilot, sondern Hausaufgaben:
- Digitalisierung vor Spielerei
- Kritische Kernprozesse identifizieren (z. B. Angebot → Auftrag → Abrechnung).
- Genau dort Datenflüsse bereinigen, Systeme konsolidieren, Medienbrüche abbauen.
- Erst dann generative AI & Automatisierung ernsthaft dranlassen.
- Daten & Dokumente produktionsreif machen
- Klare Regeln, was „offiziell“ ist: Versionierung, Freigaben, Verantwortliche.
- Unnötige Duplikate löschen, sensible Daten klassifizieren, Zugriffe steuern.
- Aus „irgendwo im Laufwerk“ wird: auffindbare, vertrauenswürdige Datengrundlage.
- Governance & EU-AI-Act mitdenken – nicht wegdrücken
- Wer verantwortet welches Dataset, welches Modell, welche Entscheidung?
- Welche Risiken (Bias, Haftung, Transparenz) akzeptieren wir – und welche nicht?
- Jetzt Strukturen bauen, die zu den kommenden Pflichten passen, statt später hektisch nachzuarbeiten.
- Menschen befähigen – statt sie zu überrollen
- Mitarbeitende an den Fällen arbeiten lassen, die ihnen wirklich Zeit sparen.
- Führung trainieren, mit Kontrollverlust umzugehen und Wirkung zu messen (Qualität, Durchlaufzeit, EBIT – nicht „Anzahl Prompts“).
Meine These: Wer heute noch Energie in „Warum ist unser AI-Projekt gescheitert?“ steckt, verpasst die wichtigere Frage:
Wie bauen wir jetzt die Grundlagen, damit unsere nächste Generation von Produkten, Services und Prozessen automatisiert besser ist als die der Konkurrenz?
👉 Deine Perspektive interessiert mich:
Wo ist bei euch die größte Baustelle – Daten, Dokumente, Governance oder Menschen?
